Eltern haften für ihre Kinder – ja oder nein
In Deutschland haftet jeder Bundesbürger für Schäden, die er anderen zufügt. Es ist dabei unerheblich, ob es sich nun um einen Sach-, Vermögens- oder Personenschaden handelt und wie hoch die Schadenssumme ist. Allerdings gibt es Ausnahmen. Beispielsweise haften Eltern für ihre Kinder. Oder etwa doch nicht? Die elterliche Frage der Haftung für Schäden, welche durch den Nachwuchs verursacht werden, ist nach wie vor ein umstrittenes Thema.
Dabei hat der Gesetzgeber durchaus relativ klar geregelt, wie weit Eltern für ein Schadensereignis in die Pflicht genommen werden können. So besagt § 832 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) klar, dass aufsichtspflichtige Personen nur dann mit einer Schadenersatzforderung rechnen müssen, wenn sie die Aufsichtspflicht verletzt haben. Allerdings ist der Nachweis über Verletzungen der Aufsichtspflicht alles andere als einfach zu führen und daher heikel.
Eltern, die sich unversehens diesem Vorwurf ausgesetzt sehen, können mitunter aufatmen. Denn wie elternfreundlich deutsche Gerichte in diesem Zusammenhang teilweise urteilen, zeigte ein im Jahr 2012 vor dem Bundesgerichtshof verhandeltes Verfahren zum Filesharing. Es ist nicht erforderlich, den Nachwuchs rund um die Uhr zu überwachen, sondern eine dem Alter und Entwicklungsstand angemessene Aufsicht zu führen. Aus Sicht der Geschädigten keine zufriedenstellende Antwort. Denn wer kommt für einen Schaden auf – wenn nicht die Eltern?
Wichtig: Eine ungesicherte Baustelle mit dem Schild: „Betreten verboten! Eltern haften für ihre Kinder!“, ist nicht automatisch ausreichend, um als Bauherr jede Verantwortung von sich zu weisen. Gerade im Hinblick auf Kinder wird diese Form der Absicherung als eher unzureichend angesehen. Erstens kann nicht jedes Kind lesen. Und zweitens mangelt es Minderjährigen bis zu einem gewissen Alter an der nötigen Erkenntnisfähigkeit in Bezug auf die Gefahren. Zusätzliche Sicherungsmaßnahmen – wie Absperrungen – sind daher oft nötig, um der Verkehrssicherungspflicht gerecht zu werden. Eltern haften also nicht automatisch für ihre Kinder.
Da in der Regel durch die private Haftpflichtversicherung nicht nur der Versicherungsnehmer, sondern auch dessen Ehe- und Lebenspartner sowie im Haushalt lebende Kinder versichert werden, könnten Ansprüche gegen den Versicherer erhoben werden. Allerdings greift dieser Schritt mitunter ins Leere – wenn der Nachwuchs als Schadensverursacher gewisse Altersgrenzen noch nicht erreicht hat. Beispielsweise fällt für Minderjährige bis zur Vollendung des 7. Lebensjahres eine Haftung generell aus – aufgrund der Deliktunfähigkeit.
– Versicherer | – versicherte Deckungssumme | – Tarif |
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– Gothaer Versicherungen | – 5.000 Euro | – Privathaftpflicht |
– 20.000 Euro | – Top | |
– 50.000 Euro | – PlusDeckung | |
– HUK Coburg | – 100.000 Euro | – Familientarif |
– CosmosDirekt | – 3.000 Euro | – Basis-Schutz |
– 10.000 Euro | Comfort-Schutz |
Beispiele zu den Leistungen in der Privathaftpflichtversicherung vor dem Hintergrund der Deliktunfähigkeit von Kindern anhand zufällig ausgewählter Versicherungsgesellschaften (Quelle: Leistungsübersicht der einzelnen Versicherungsgesellschaften mit Stand Februar 2013)
Aus Sicht der Geschädigten eine eher deprimierende Nachricht. Denn folgt der Haftpflichtversicherer der Eltern konsequent dem Grundsatz, dass nur bei bestehender gesetzlicher Haftung eine Schadensregulierung erfolgt, geht der Geschädigte leer aus. Eine Tatsache, die erhebliche finanzielle Folgen nach sich ziehen kann – besonders bei einem Schaden im Straßenverkehr. Zumal an dieser Stelle erschwerend hinzu kommt, dass Kinder hier selbst bis zum Ende des 10. Lebensjahres weitgehend als deliktunfähig gelten. Einzig und allein ein Anspruch gegen die Eltern – vor dem Hintergrund einer Aufsichtspflichtverletzung – kann die Versicherungslücke schließen. Denn durch die verletzte Aufsicht wird das Schadensereignis wieder zu einem Fall für den Haftpflichtversicherer.