Erfasst die PHV auch Waffen und Pyrotechnik?
Messer, Gabel, Scher‘ und Licht – sind für kleine Kinder nicht. Ein Reim, den mit Sicherheit fast jeder Erwachsene kennt. Und den man in den ersten Jahren des Heranwachsens sicher mehr als nur einmal gehört hat. Es wäre mitunter aber nicht falsch, dieses Motto auch im Erwachsenenalter zu wiederholen. Leider zeigen sich gerade zum Jahreswechsel die Schattenseiten der bunten Feuerwerkskörper. Schwere Unfälle mit Pyrotechnik sind jedes Jahr an der Tagesordnung. Leider sind nicht immer nur jene Personen betroffenen, die mit den Feuerwerkskörpern hantiert haben, sondern mitunter auch unbeteiligte Dritte. Und wie besonders tragische Fälle zeigen, reichen die Folgen bis hin zum Tod.
Auch wenn Unfälle im Zusammenhang mit Pyrotechnik nicht bis zu dieser letzten Konsequenz führen – die gesundheitlichen Auswirkungen können gewaltig sein. Mitunter reichen geringe Mengen der explosiven Stoffe, um schwere gesundheitliche Schäden an Knochen, Gelenken und Weichteilen hervorzurufen. Und nicht nur Feuerwerkskörper werden im Alltag immer wieder gefährlich. Auch Schuss- und Hiebwaffen wohnt ein Gefahrenpotenzial inne, welches niemals unterschätzt werden sollte.
Exkurs Kleinfeuerwerk: Pyrotechnik ist zum Jahreswechsel ein Muss. Und in der Silvesternacht kommt nicht nur Feuerwerk im klassischen Sinn zum Einsatz. Wie in vielen Lebensbereichen hat der Gesetzgeber auch hier regulierend eingegriffen. Und richtet damit auch den Versicherungsschutz entsprechend aus. Hintergrund: Gesellschaften, die in ihren Tarifen zur Privathaftpflichtversicherung das Abrennen von Kleinfeuerwerk versichern, orientieren sich an der Klassifizierung der versicherten Pyrotechnik an § 6 Abs. 3 1. SprengV (Erste Verordnung zum Sprengstoffgesetz). Ein versicherter Schadensfall liegt in der Regel vor, wenn die Klasse II nicht überschritten wird. Dies entspricht der Kategorie 2 (Feuerwerkskörper) und erfasst somit Pyrotechnik, die zur Verwendung in geschlossenen Räumen (Kl. I) und in einem abgegrenzten Bereich im Freien vorgesehen ist. In der Praxis gehören dazu Fontänen, Tischfeuerwerk, Knallerbsen, Bengalfeuerwerk, Blitzknallkörper, Raketen, Batterien und Fontänen, Knallfrösche, Wunderkerzen usw. Entscheidend für die Einstufung einzelner Feuerwerkskörper ist u. a. deren Netto-Explosivstoff-Masse (NEM) oder Gesamtsatzmasse. Aufgrund dieser Tatsache sind einzelne Feuerwerkskörper in mehreren Kategorien zu finden – mit wechselnder Explosivstoff-Masse. Beispiel: Bengalfeuer taucht in der Kategorie 1 (NEM/Gesamtsatzmenge bis 20 Gramm), Kategorie 2 (NEM/Gesamtsatzmenge bis 250 Gramm) und Kategorie 3 (NEM/Gesamtsatzmenge bis 1000 Gramm; Abgabe und Gebrauch nur an Personen mit Erlaubnis) auf.
Dabei müssen längst nicht nur Sportschützen im Besitz entsprechender Waffen sein. Auch Sammler sind aufgerufen, sich der Gefahr bewusst zu sein, die von den Objekten der Begierde ausgehen kann. Wie stehen letztlich aber die privaten Haftpflichtversicherer zu diesem besonderen Bereich des täglichen Lebens? Ein genereller Ausschluss der genannten Bereiche aus dem Geltungsbereich der PHV kann an dieser Stelle verneint werden. Trotzdem ist diese Tatsache nicht als Freifahrtsschein anzusehen. Speziell die Regelungen der Versicherungsbedingungen können dazu führen, dass betroffene Versicherungsnehmer sich nicht auf die Unterstützung ihrer Versicherung verlassen können. Was sollte man im Zusammenhang mit Pyrotechnik und Waffen wissen?
Wenn Feuerwerk zum Streitfall wird
Böller und Raketen sind besonders zu Silvester beliebt. Eine Tatsache, die nicht nur für Jugendliche gilt. Auch viele Erwachsene greifen an diesem einen Tag gern zum Feuerwerk. Das Problem: Je später der Abend, umso stärker hat man oft dem Alkohol zugesprochen. Eine Folge können Fehleinschätzungen der Gefahren sein, die mit dem Abrennen des Feuerwerks in Zusammenhang stehen. Darunter zu leiden haben mitunter nicht nur Hausdächer oder Balkone, sondern auch die Gesundheit anderer Personen.
Ein Umstand, den niemand auf die leichte Schulter nehmen sollte. Überall dort, wo explosive Stoffe im Spiel sind, ist die Gefahr schwerer Verletzungen groß. Und es steigt das Risiko eines bleibenden Schadens. Schadenersatzforderungen, die sich aus Unfällen mit Feuerwerk ergeben, können schnell in einen fünfstelligen Bereich gehen. Wer Feuerwerk abbrennt, sollte sich über die Gefahren im Klaren sein. Und parallel einen Blick in die Versicherungsbedingungen seiner PHV werfen. Nicht jede Versicherungsgesellschaft schließt einen Schaden, der im Zusammenhang mit Feuerwerkskörpern steht, in den Geltungsbereich der Haftpflichtversicherung ein. Hinzu kommt eine weitere Hürde. Über das Kleingedruckte können durch die Versicherer bestimmte Feuerwerksarten aus dem Geltungsbereich der Tarife gestrichen werden – wie Pyrotechnik oberhalb der Klasse II (nach der 1. Verordnung zum Sprengstoffgesetz).
– Versicherer |
– Tarif |
– Versicherungsschutz |
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WGV |
– Optimal- und Basis-Tarif | – erlaubtes Kleinfeuerwerk der Klasse II nach 1. SprengV |
Hanse Merkur |
– Grund-Schutz, Kompakt-Schutz & TOP-Schutz | – versichert ist das erlaubte Abbrennen von Kleinfeuerwerk der Klasse II |
HUK Coburg |
– Privathaftpflicht Basis und Classic | – versichert ist das erlaubte* Abbrennen von Kleinfeuerwerk (1. SprengV) der Klasse II |
Übersicht zum Geltungsbereich der Privathaftpflichtversicherung bezüglich des Abbrennens von Feuerwerkskörpern anhand von zufällig ausgewählten Versicherungsunternehmen (Quelle: Tarifbestimmungen und Besondere Bedingungen der Versicherungsunternehmen; Stand April 2013)
)* – Das Abbrennen von Kleinfeuerwerk ist in Deutschland stark reglementiert, u. a. durch die 1. Verordnung zum Sprengstoffgesetz. Ohne gesonderte behördliche Erlaubnis ist zwischen dem 2. Januar und 30. Dezember die Verwendung von Klasse-II-Kleinfeuerwerk auch Personen über 18 Jahre nicht gestattet.
Auch wenn Feuerwerkskörper zum Jahreswechsel einfach dazugehören – aus Sicht des Schutzes der eigenen Haftpflichtversicherung ist eine kritische Sichtweise durchaus angebracht. Denn auch wenn Raketen & Böller auf den ersten Blick harmlos und wenig gefährlich erscheinen – bei unsachgemäßem Gebrauch kommt es zu Schadenersatzansprüchen, die schnell zum finanziellen Ruin werden.
Waffen: Nur bedingt ein Fall für die Haftpflichtversicherung
Auf den ersten Blick ist der Besitz von Waffen eher eine Randerscheinung. Betrachtet man allerdings die Zahl der Schützenvereine, Sportschützen, Jäger usw. relativiert sich diese Haltung schnell. Auch wenn es nicht den Anschein hat – in Deutschland haben Waffen Hochkonjunktur. Eine Tatsache, die Fragen aufwirft. Denn bekanntlich geht gerade von Schusswaffen ein erhebliches Gefährdungspotenzial aus. Aber auch Stich- und Hiebwaffen sollte man aus Sicht des Risikopotenzials nicht unterschätzen.
Wie ist der Versicherungsschutz in diesem Zusammenhang ausgestaltet? Vor dem Hintergrund der Muster-Bedingungsstruktur IX Ziffer 1.6 erscheint die Situation auf den ersten Blick relativ entspannt. Hieb-, Stoß- und Schusswaffen sowie Munition und Geschosse fallen demnach in den Geltungsbereich der Privathaftpflichtversicherung. Eine Tatsache, die für Freizeitjäger, Sammler, Sportschützen usw. ein scheinbar komfortables Polster darstellt. Allerdings schränkt der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft die Geltung der PHV in diesem Zusammenhang erheblich ein.
Auf der einen Seite wird in Ziff. 1.6 zur Bedingung gemacht, dass es sich um einen erlaubten Waffenbesitz handelt. Auf der anderen Seite schließt der GDV über die Musterbestimmungen einerseits für den Einsatzzweck der Jagd eine Übernahme von Schadenersatzansprüchen aus – und erkennt Leistungsansprüche auch dann nicht an, wenn strafbare Handlungen Auslöser von Schadenersatzforderungen sind. Ausschlüsse in der PHV, welche die Geltung im Bereich des Waffenbesitzes also deutlich einschränken. Allerdings sei an dieser Stelle darauf verwiesen, dass der Ausschluss für Jagdwaffen keine dramatischen Folgen hat. Denn den Regelungen des Bundesjagdgesetzes folgend ist nach Paragraf 17 Abs. Nr. 4 eine Jagdhaftpflichtversicherung notwendig, die den Besitz und Gebrauch der Jagdwaffen absichert.
Für Versicherungsnehmer der PHV, die offiziell einen Jagdschein besitzen, und der Jagd auch tatsächlich nachgehen, ist der Versicherungsschutz daher kein Thema. Problematisch wird die Sache allerdings dann, wenn Sammler und Sondengänger im Rahmen der Suche nach Militaria-Gegenständen nicht nur harmlose Ausrüstungs- und Uniformteile finden, sondern auch Stichwaffen (z. B. Bajonette), Schusswaffen in gutem Zustand oder Geschosse. Letztere sind als Fundstücke aus dem Zeitraum zwischen 1939 – 1945 in vielen Regionen der Bundesrepublik und Europas anzutreffen – und erfreuen sich bei einigen Sammlern wachsender Beliebtheit.
Das Problem aus versicherungsrechtlicher Sicht liegt allerdings darin, dass herrenlos gewordene Munition und Geschosse (Artillerie-, Mörser- oder Panzergranaten usw.) nach den Bestimmungen der geltenden Kampfmittelverordnungen nur durch entsprechende Dienststellen verwahrt, gesammelt und beseitigt werden dürfen. Damit unterliegt eigentlich die gesamte Bandbreite dieser gefährlichen Hinterlassenschaften einer Erlaubnispflicht bzw. entsprechenden Verboten. Legt man die Versicherungsbedingung des GDV als Messlatte für den Versicherungsschutz an, wird eines klar – Unfälle durch gesammelte Munition, alte Gewehre und Geschosse sind im Rahmen der PHV nicht versichert, es fehlt die Bedingungen eines erlaubten Besitzes. Eine Tatsache, der sich jeder Sondengänger klar sein muss. Denn Kampfmittel, die bereits seit Jahrzehnten verrotten, bleiben gefährlich.