Schadensfälle zwischen Familienmitgliedern

Die private Haftpflichtversicherung soll in erster Linie eine Aufgabe erfüllen – den Versicherungsnehmer vor hohen Schadenersatzansprüchen bewahren. Häufig steht aber nicht allein die Person des Versicherungsnehmers im Mittelpunkt. Speziell in Familienhaushalten soll sich die Geltung der Tarife auf alle Angehörige des Haushalts erstrecken – auch auf den Nachwuchs. Mit der Entscheidung für einen Familientarif lässt sich genau dieses Ziel erreichen.

Betrachtet man Ziff. 2.1 der Muster-Bedingungsstruktur IX des GDV, werden neben dem Ehegatten/Lebenspartner auch leibliche und adoptierte Kinder in der Haftpflichtversicherung mitversichert. Was passiert aber, wenn es innerhalb dieses Personenkreises untereinander zu einem Anspruch kommt? Oder Familienmitglieder betroffen sind, die nicht zum Kreis der Versicherten in der Privathaftpflichtversicherung gehören – aber zum Haushalt des Versicherungsnehmers?

Wesentliche Anhaltspunkte, die bei der Beantwortung beider Fragen helfen können, liefert der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft. Dessen Musterbedingungen zur allgemeinen Haftpflichtversicherung enthalten wichtige Hinweise – unter anderem unter Ziffer 7 (Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung – AHB – mit Stand April 2012). Hier ist in Punkt 7.5 festgehalten, dass Ansprüche gegen den Versicherungsnehmer seitens dessen Angehörigen bzw. mitversicherten Personen in die Rubrik der Ausschlüsse in der Haftpflichtversicherung fallen. Dies betrifft allerdings nicht nur den Anspruch gegen den Versicherungsnehmer, sondern auch Ansprüche, die möglicherweise untereinander entstehen. Damit weicht die Privathaftpflichtversicherung wesentlich von einer ihrer Kernaussagen ab – der Übernahme von Leistungen, die sich aus der gesetzlichen Haftung ergeben.

Denn auch wenn sich zum Beispiel Eltern und Kinder im Verhältnis zueinander sehr nahe stehen – ausgeschlossen ist eine Haftung zumindest nach § 823 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) nicht. Eigentlich müsste die Haftpflicht an dieser Stelle sehr wohl Leistungen übernehmen. Eine Ansicht, die unter Versicherten zwar immer wieder kursiert, sich letztlich aber als Trugschluss erweist.

Als Versicherungsnehmer in der privaten Haftpflichtversicherung muss man sich im Klaren darüber sein, dass Schäden an Sachen und der Gesundheit von oder durch Familienmitglieder nicht geschützt sind. Denn auch wenn die AHB des GDV lediglich ein Muster darstellen, an dem sich Versicherungsbedingungen in der Praxis orientieren können, haben viele Gesellschaften den Ausschlussgedanken für Ansprüche zwischen Angehörigen eines Haushalts aufgegriffen und in sehr ähnlicher Weise in ihre Tarife integriert. Allerdings tauch eine Frage auf: Wie weit gehen die Leistungsausschlüsse, wenn für die Haftpflichtversicherung von einer häuslichen Gemeinschaft die Rede ist?

Der Begriff häusliche Gemeinschaft taucht nicht ausschließlich in der Haftpflichtversicherung auf, er spielt auch in anderen Bereichen, wie beispielsweise der Hausratversicherung eine Rolle. Im Kern geht es dabei um eine räumliche Abgrenzung zwischen einzelnen Familienangehörigen. Dabei wird im Versicherungswesen von der häuslichen Gemeinschaft gesprochen, wenn sich mehrere Personen den Lebensmittelpunkt teilen – sie also unter einem Wohnsitz gemeldet sind. Aus dieser Tatsache heraus können sich natürlich unterschiedliche Verflechtungen im Alltag ergeben. Eine häusliche Gemeinschaft ist zum Beispiel bei Ehegatten und Lebenspartnern sowie (minderjährigen) Kindern und Eltern wahrscheinlich.

Folgt man dem Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft, ergibt sich die Annahme einer häuslichen Gemeinschaft besonders für Angehörige, zu denen:

  • Ehe- und Lebenspartner
  • Eltern und Kinder
  • Stiefkinder/Adoptivkinder
  • Schwiegereltern
  • Großeltern und
  • Geschwister gehören.

Allerdings sind gegenseitige Ansprüche dieser Personengruppen aus einem Haftpflichtschaden nicht automatisch ausgeschlossen. Es muss z. B. nach den AHB des Gesamtverbandes der Versicherungswirtschaft (Ziff. 7.5 Punkt 1) zwingend die häusliche Gemeinschaft erfüllt sein (oder die betroffenen Personen gehören zu den Mitversicherten im Haftpflichttarif). Zum Streitpunkt kann hier die Frage werden, wie weit die Definition der häuslichen Gemeinschaft geht. Sind erwachsene Kinder, die einen eigenen Haushalt führen, aber noch ein Zimmer in der Wohnung ihrer Eltern haben, immer noch vom Ausschluss aus dem Geltungsbereich der Privathaftpflichtversicherung betroffen? In der Regel dürfte die Antwort lauten: nein. Zumindest wenn es sich um Kinder handelt, die nicht mehr am Wohnsitz ihrer Eltern gemeldet sind.

Tipp: Die Tatsache, dass in der Privathaftpflichtversicherung die Grenze entlang eines gemeinsamen Wohnsitzes gezogen wird, lässt sich nicht nur als nachteilig aus Sicht der Versicherungsnehmer beurteilen. Gerade während der Erstausbildung gilt der Schutz durch den Tarif der Eltern in der Regel weiter – sofern der Nachwuchs keinen eigenen Haushalt führt.

Die Frage nach der häuslichen Gemeinschaft betrifft übrigens nicht ausschließlich Familien, in denen es um die Haftung zwischen Eltern und Kindern geht. Auch zwischen Geschwistern, Schwiegereltern und –kindern usw. kann eine häusliche Gemeinschaft unterstellt werden – wenn diese ihren Wohnsitz teilen. Wie Erfahrungen im Alltag zeigen, kann es hier durchaus zu Missverständnissen kommen – wenn Angehörige verschiedene (voneinander getrennte) Wohneinheiten in einem Mehrfamilienhaus bewohnen, auf den ersten Blick ihren Lebensmittelpunkt also unter einer Adresse haben. Um Problemen im Schadensfall aus dem Weg zu gehen, ist es durchaus sinnvoll, diese Tatsache bereits im Zuge der Schadensanzeige im Auge zu behalten und auf den Sachverhalt deutlich hinzuweisen.

Hinweis: Die hier aufgeführten Ausschlussgründe gelten im Übrigen nicht nur für Angehörige innerhalb einer häuslichen Gemeinschaft. Betroffen sind Ansprüche aus der Haftpflichtversicherung in ähnlicher Weise, wenn es sich um gesetzliche Vertreter geschäftsunfähiger Personen handelt sowie Insolvenz- und Zwangsvollstrecker. Die in den Ausschlüssen der AHB des GDV formulierten Klauseln tauchen an verschiedenen Stellen in den Versicherungsbedingungen vieler Gesellschaften auf.

Ob Kind oder Erwachsener: unbeabsichtigte Schäden können teuer werden.

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